Commentary on Political Economy

Monday 22 March 2021

 

CHINA’S WAR ON FISH. HOW HAN CHINESE BEASTS ARE DESTROYING THE WORLD'S FISHERIES 

Chinas Krieg um den Fisch

Illustration: Jens Giesel
Schneller Schlau

Der Krieg der Meere

Von MARTIN FRANKE, Grafiken: JOHANNES THIELEN · 22. März 2021

Auf den Ozeanen herrscht ein Kampf um immer weniger Fisch. Der industrielle Fang bedroht Ökosysteme und fördert Konflikte – vor allem mit China.

I

m August 2017 wurde es ziemlich eng vor den Galapagosinseln. Eine Armada aus hunderten chinesischen Schiffen fischte entlang der ausschließlichen Wirtschaftszone Ecuadors, 200 Seemeilen vor der Küste des südamerikanischen Landes. Einige Schiffe fuhren in die Zone auch hinein – widerrechtlich. 6600 Haie findet die ecuadorianische Küstenwache später auf einem chinesischen Mutterschiff. Die Crew wird verhaftet, eine Strafe von umgerechnet 5 Millionen Euro verhängt. Damit ging der Zwischenfall noch vergleichsweise glimpflich aus – andernorts wurden Schiffe bei solchen Vorkommnissen auch schon direkt versenkt, etwa im Südchinesischen Meer. Auf den Ozeanen herrscht Krieg um Fisch: Die Weltmeere sind nicht unendlich groß, doch der Bedarf an Proteinen wächst mit der Weltbevölkerung. Auf den Rückgang der Bestände reagieren Fangnationen mit neuen Technologien und immer weiteren Strecken, die ihre Schiffe zurücklegen. Die eigenen Küsten sind vielerorts leergefischt.

Der meiste Fisch wird im Pazifik gefangen. Fast zehnmal so viel wie noch vor 70 Jahren gibt das größte Meer der Welt her. Vor allem die Gebiete vor den Küsten sind attraktiv, wie die Episode an den Galapagosinseln zeigt. Früher brachte der Atlantik den meisten Fisch auf den Teller, mit Beginn der hochindustrialisierten Fischerei in den 1960er-Jahren hat sich der Pazifik zum Hotspot entwickelt. Ein Pazifik-Anrainer fängt auch den meisten Fisch der Welt.

China ist mit Abstand die größte Fischereination. Das Land zählt die meisten Fangstunden und geht teils rücksichtslos gegen Konkurrenten vor: In nordkoreanischen Gewässern hat es in den vergangenen Jahren die lokalen Fischer vertrieben. Die chinesischen Trawler sind nicht nur lokal, sondern auf allen Weltmeeren unterwegs. Vor der Küste Westafrikas fährt eine geheime Flotte, welche die schwachen Kontrollen afrikanischer Nationen auf dem Meer ausnutzt. In Ghanas Fischerei hat sich das Land gleich eingekauft. Im Persischen Golf verärgert ihre Anwesenheit iranische Fischer. Und vor der Küste Argentiniens gehen nachts zahlreiche Lichter an: Dann jagen Schiffe aus Fernost nach Tintenfischen, die vom Licht angezogen werden.

Peking hat seine Fischereiflotte massiv subventioniert und versteht sie als wichtigen Teil seiner Geostrategie. Nicht selten ist Sicherheitspersonal an Bord. Es gibt eigene Krankenhausschiffe und der Fisch wird auf hoher See auf Handelsschiffe umgeladen, damit die Fischer länger vor Ort bleiben können. 

Auch europäische Fischereiflotten werden subventioniert. Die EU-Länder sind zwar nicht unter den größten Fangnationen, die 27 Staaten sind zusammengenommen aber größter Importeur und Exporteur von Meerestieren. Spanien als führende europäische Fischfangnation hat mehrere Millionen Euro Subventionen aus Brüssel erhalten und ist vor allem vor Westafrika aktiv, da die europäischen Gewässer zu einem Großteil überfischt sind. In den dortigen Gewässern haben Spanien, Portugal, Italien und Griechenland Fischereiabkommen mit mehreren Staaten abgeschlossen.

Greenpeace kritisiert, dass die europäischen Supertrawler zwar die afrikanischen Fischgründe plünderten, aber keinen angemessenen Gegenwert erbrächten und die Ware nicht einmal in Afrika weiterverarbeiteten. Lokale Fischer aus Gambia, Senegal oder Mauretanien schauen tatsächlich oft in leere Netze. Tausende von ihnen wurden in den letzten Jahren arbeitslos, viele machten sich auf den Weg nach Europa.

Deutschland, wo pro Kopf durchschnittlich rund 13 Kilo Fisch pro Jahr verzehrt werden, muss den meisten Fisch importieren. Gerade einmal jeder fünfte Fisch ist ein eigenes Erzeugnis. Für die EU ist das angrenzende Nicht-EU-Land Norwegen wichtigster Lieferant. Immerhin 7 Prozent des europäischen Fischs kommen aber auch aus China.

Der Lieblingsfisch der Deutschen ist der Lachs, der vornehmlich in Aquakulturen gezüchtet wird. Die meisten Wildfische, die hierzulande gegessen werden, sind bedroht, vor allem um Raubfische aus dem Meer steht es schlecht. Umweltschützer wie Greenpeace empfehlen deshalb den Konsum von Fischen, die sich hauptsächlich pflanzlich ernähren, etwa Karpfen. 

Nach Berechnungen der FAO, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, ist etwa ein Drittel der Fischbestände der Welt überfischt. Diese Zahl könnte in Wahrheit noch höher sein, da sie auf den Anlandungen basiert, die von den Fischern selbst gemeldet werden. Demnach sind mehr als 60 Prozent der Bestände voll genutzt. Wissenschaft und Tierschutzorganisationen fordern seit langem, größere Schutzgebiete auszuweisen, wo keine Trawler mit Schleppnetzen unterwegs sein dürfen. 

Eine aktuelle, in der renommierten Zeitschrift „Nature“ erschienene Studie hat herausgefunden, dass die Populationen von Haien und Rochen seit 1970 um 71 Prozent geschrumpft sind. Die Tiere geraten als Beifang ins Netz, werden aber auch gezielt für den asiatischen Markt gefangen.

Beunruhigend ist auch, dass sich die Menge des gefangenen Fischs seit 1996 nicht weiter hat steigern lassen. Deshalb dürfte einerseits der Anteil illegal gefangenen Fischs wachsen. Andererseits füllen immer mehr Aquakulturen die Lücken im Angebot. Kritiker mahnen, dass die Zuchtbecken nicht die Lösung der Überfischung sind, sondern eine Triebfeder. Unmengen an Wildfischen werden benötigt, um sie zu Fischmehl weiterzuverarbeiten und in Aquakulturen zu verfüttern. Für jedes Kilo Thunfisch aus dem Zuchtbecken werden bis zu 25 Kilogramm an Wildfischen benötigt. China hat deshalb angekündigt, deutlich mehr Fischmehl aus Krill, Kleinorganismen aus dem Meer, herstellen zu wollen. Das allerdings ist für Wale keine gute Nachricht: Krill ist ihr Grundnahrungsmittel.

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