Commentary on Political Economy

Monday 29 April 2024

GIORGIA ON MY MIND

 Proteste in Georgien

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Die Regierung sieht sich im Kampf gegen das Böse

Lesezeit: 2 Min.
Protest: Demonstranten versuchen am Sonntag, ein Gitter vor dem Parlamentsgebäude in Tiflis zu entfernen.
Der Westen greife die „traditionelle Lebensweise“ der Georgier an, antwortet die Regierung in Tiflis auf Kritik aus den USA und der EU am Vorgehen gegen NGOs. Damit hat sie die orthodoxe Kirche an ihrer Seite.
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Es soll nur eine kurze Pause sein, aber nicht das Ende der Proteste: Die Jugendorganisationen, die seit fast drei Wochen jeden Abend Tausende zu Demonstrationen vor dem georgischen Parlament in Tiflis mobilisieren konnten, haben für Montag zum Verzicht auf Proteste im Stadtzentrum aufgerufen. Sie wollen so direkte Konfrontationen mit den Teilnehmern einer Demonstration vermeiden, die von der Regierungspartei Georgischer Traum für Montagabend zu ihrer Unterstützung organisiert wurde. Die Kundgebung begleitet die zweite Lesung des Gesetzes, das der Gegenstand des Streits zwischen beiden Lagern ist.

Die Regierung behauptet, es solle Transparenz bei der Finanzierung von zivilgesellschaftlichen Organisationen herstellen. Nach Ansicht der Opposition ist es zu deren Gängelung und Unterdrückung gedacht. Die Protestierenden sprechen von einem „russischen Gesetz“, weil es nach dem Vorbild des russischen Gesetzes über „ausländische Agenten“ gestaltet ist, das dem Moskauer Regimes in den vergangenen zwölf Jahren als Instrument zur Verfolgung von Kritikern diente. Am Sonntagabend hatten Zehntausende Demonstranten gefordert, das „russische Gesetz“ zurückzunehmen.

Heftige Kritik hat das Gesetzesvorhaben des Georgischen Traums auch in der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten hervorgerufen. Am Montag wurde bekannt, dass zwölf amerikanische Senatoren aus beiden Parteien in einem Brief davor warnen, die Annahme des Gesetzes könne zu einer Veränderung der amerikanischen Politik gegenüber Georgien führen. Das Land, das die Mitgliedschaft in der NATO und der EU anstrebt und diese Ziele in seiner Verfassung verankert hat, hatte in den vergangenen zwanzig Jahren enge Beziehungen zu Washington.

Schon in der vergangenen Woche hat das Europäische Parlament eine Resolution angenommen, in der es heißt, das Gesetz sei unvereinbar mit den Kriterien einer Mitgliedschaft. Die Parlamentarier forderten die EU-Kommission auf, vor der Rücknahme des Gesetzes keine Verhandlungen mit Georgien zu beginnen, das seit Dezember Beitrittskandidat ist. Zudem solle die Kommission prüfen, ob das Gesetz vereinbar mit den Verpflichtungen ist, die das Land mit der Gewährung der visumfreien Einreise eingegangen war. Politiker des Georgischen Traums antworteten mit harschen Angriffen auf die Kritik aus dem Westen. So sagte der Fraktionsvorsitzende, Mamuka Mdinaradse, das EU-Parlament unterstütze „offen das Böse“.

Die Regierung in Tiflis wirft der EU und georgischen Menschenrechtsorganisationen einen Angriff auf die „traditionelle Lebensweise“ der Georgier und ihre christlichen Werte vor. Die Opposition wird beschuldigt, aus „Feinden der Kirche“ zu bestehen. Angesichts der im Herbst anstehenden Parlamentswahl hat der Georgische Traum eine Verfassungsänderung eingebracht, die sich gegen die Rechte von LGBT-Personen richtet. Die Georgische Orthodoxe Kirche hat sich deshalb am Wochenende für das Gesetz gegen „ausländische Mächte“ ausgesprochen.

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